Brisante Aussage in Regensburger Parteispendenprozess

Hat Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister einen Unternehmer bei der Vergabe eines Bauauftrages bevorzugt – im Gegenzug für dessen Fußballsponsoring? Vor dem Landgericht muss dazu ein wichtiger Zeuge
aussagen.

Im Parteispenden- und Korruptionsprozess gegen den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (SPD) könnte die Aussage des CSU-Stadtrats Christian Schlegl den OB weiter in Bedrängnis bringen. Schlegl schilderte am Donnerstag vor Gericht, wie er und weitere Aufsichtsratsmitglieder des Fußballclubs Jahn Regensburg, darunter der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Norbert Hartl und auch Wolbergs selbst, mehrfach bei dem ebenfalls
angeklagten Bauunternehmer Volker Tretzel als Bittsteller aufgetreten seien. Das Gericht versucht in der Beweisaufnahme die Rolle Tretzels bei der Finanzierung des Fußballclubs sowie einen möglichen
Zusammenhang mit der Vergabe des Bauprojektes Nibelungenkaserne an den Unternehmer zu klären.

Tretzel, der ein langjähriger Sponsor des Vereins ist, habe bei den Treffen immer wieder sinngemäß angedeutet, dass er auf Aufträge angewiesen sei und dabei auch die Nibelungenkaserne ins Spiel gebracht, sagte Schlegl. Solche Sätze von Bauträgern gehörten zum politischen Tagesgeschäft, damit müsse man umgehen können. Aber:
„Immer wenn der Jahn klamm war, sind wir angetanzt. Es ist furchtbar nervig, wenn Du das immer wieder hörst“, sagte Schlegl.

Der frühere CSU-OB-Kandidat – er unterlag 2014 Wolbergs – sagte auch aus, dass der ihm auf der Anklagebank gegenübersitzende Hartl während der Ausschreibungsphase gesagt habe, Tretzel müsse den Auftrag für
die Nibelungenkaserne bekommen. Er selbst habe stets darauf Wert gelegt, dass bei der Auftragsvergabe alles sauber zugehe, betonte Schlegl. Er bezeichnete Hartl als „1000-prozentigen Jahn-Fan“, der unbedingt gewollt habe, dass es mit dem Fußballclub weitergehe.

Schlegl gab an, angesichts der bevorstehenden Vergabe des Areals an Tretzel seine Jahn-Aufsichtsratstätigkeit im Herbst 2014 niedergelegt zu haben. Er sei gegen „Mauscheleien“ und „Freunderlwirtschaft“
gewesen. Bei den Angeklagten und den Verteidigern sorgte die Aussage Schlegls für Unruhe und scharfe Nachfragen. Davon ließ sich der 46-Jährige jedoch nicht beirren. 

Wolbergs muss sich wegen Vorteilsannahme und Verstoß gegen das Parteiengesetz verantworten. Mit dem OB sind Tretzel und dessen früherer Mitarbeiter Franz W. sowie Hartl angeklagt. Letzterer muss sich wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme verantworten, Tretzel werden Vorteilsgewährung und Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz vorgeworfen, W. ebenfalls Beihilfe zum Verstoß gegen das Parteiengesetz.

Im Mittelpunkt des Prozesses steht eine möglicherweise verschleierte Großspende Tretzels an den SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden über rund 475 000 Euro im Kommunalwahlkampf 2014. Die Vorteilsgewährung
beziehungsweise -annahme bezieht sich auf Vergünstigungen für Wolbergs und Hartl bei Immobiliengeschäften. Ein Urteil in dem Mammutprozess könnte im kommenden Frühjahr gesprochen werden. (dpa)